Aero Firmenbiografie                                 Zur Begrüßungsseite

 

    Aero-"Stammbaum" von Willfest Brücker (zum Vergrößern bitte anklicken!)

 

 

 



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Zur Richtigstellung hier ergänzende Bemerkungen von Herr Karel Jicinsky 
zur Gründung der Firma AERO
(entnommen aus Aerovkar 1/2019) – hier als Auszug: 

Am 11. Januar 1919 wurde so die Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter dem Namen „AERO, Flugzeugfabrik“ gegründet. Die Prokura wurde J. Kouril und Ing. Karl Merta anvertraut. Beim Handelsgericht in Prag wurde die Firma dann am 25. Februar 1919 eingetragen und so ist es möglich, dieses Datum als den amtlich bestätigten Entstehungstag der Fabrik AERO zu verwenden. 

Am 6. Dezember 1919 wurde bei der Hauptversammlung die Prokura des J. Kouril und Ing. Merta widerrufen. Mitinhaber Kouril und Ing. Merta wurden im Jahre 1921 aus der Firma ausbezahlt, im folgenden Jahr wurde die Gesellschaft liquidiert und JUDr. V. Kabes ist der einzige Fabrikinhaber geworden.

Im Jahre 1923 wurde die Fabrik auf ein neues Gelände in Vysocany umgesiedelt. Direkt vor dem Umzug kam es zur Änderung des Firmennamens in „AERO Flugzeugfabrik Dr. Kabes“ und nachfolgend zum Eintrag in das Handelsregister.

 Im Registrierungsantrag war es notwendig, den neuen Firmennamen eigenhändig anzugeben und so passierte es, dass der Name AERO, den Herr Doktor mittels seines Füllfederhalters aufgeschrieben hatte, nach der Umstilisierung aus der Hand des Designers Bouzek als Firmenzeichen bis heute überdauert. Auf die Flugzeugrümpfe wurde es von Lackmeister Bohumil Bozdech übertragen.

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Das Ende der "AERO Flugzeugfabrik Dr. Kabes" kann juristisch auf das Datum der Veröffentlichung – der am 23./24.10.1945 von Präsident Beneš unterschriebenen Dekrete –, am 25.10.1945 in Prag auf dem Wenzelsplatz  festgemacht werden.
Mehr über das Ende der Aero-Automobilproduktion ist im Anschluss zu erfahren.

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Die Firmengeschichte verfasst von unserem Mitglied Reinhard Bauer

Die Firmengeschichte verfasst von unserem Mitglied Rainer Hindrischedt

Link zum ENKA

Link zur Flugzeugfirma Aero

Link zur Flugzeugfirma Siebel, mit der im 2. Weltkrieg eine Zusammenarbeit mit Aero bestand.

 

 
Firmengründer

JUDr. Vladimír Kabes

(geboren 1886 in Prag, gestorben 02.03.1947 in Prag)

Vladimir Kabes wurde als Sohn eines Advokaten in Prag geboren, studierte Rechtswissenschaften an der Universität und hatte danach eine eigene Rechtsanwaltpraxis in Prag. Neben seiner Liebe für die Musik - ermusizierte auch selbst - war er ein Auto-Enthusiast und erlitt 1909 schwere Verletzungen bei einem Unfall mit einem Clement-Bayard. 

Da ihn die Rechtsanwaltkanzlei nicht voll befriedigte und er immer Interesse an mechanischen Dingen hatte, wurde er am 11. Januar 1919 Mitbegründer der Aero-Flugzeugfabrik, die er dann 1921 als alleiniger Inhaber übernahm.

Aufgrund des politischen Drucks des kommunistischen Einflusses verlies er Ende 1945/Anfang1946 die Firma Aero.
Am  2. März 1947 verstarb er mit gerade mal 60 Jahren an Krebs.

     

 

 
Sohn des Firmengründers

  

JUDr. Vladimír Kabes jun.

(geboren 6.1.1918 in Prag, gestorben 12.4.2009 in USA)

Die Aero Interessengemeinschaft International trauert um den Verlust ihres Ehrenmitgliedes. Herr Vladimir Kabes war der Sohn des Gründers der Flugzeug- und Automobilbaufirma Aero. Er arbeitete zunächst als Sekretär und dann als Prokurist in der Firma seines Vaters bis er sich 1948 entschied zu emigrieren. Mit seiner Familie lebte er zeitweise in Deutschland, in der Schweiz und in den USA. Am 12. April 2009 verstarb er im Alter von 91 Jahren in seiner Wahlheimat USA.

Wir verdanken dem Vater von Vladimir Kabes jun. ein liebenswertes Automobil, das unser Hobby bestimmt. Durch das Engagement der Mitglieder unserer Aero Interessengemeinschaft International werden wir die Geschichte dieser ruhm- und erfolgreichen Firma immer in Erinnerung behalten und die Aero-Automobile für ein Gedenken an diese schicksalhaft Epoche stets pflegen und erhalten.

Ausführliche Lebensbiografie siehe hier!
     

 

Enkelin
des Firmengründers

 

Marianne Kabes-Crane

(
geb. 1943 in Prag, wohnhaft in Maryland, USA)

Frau Kabes-Crane schrieb als Antwort auf meine Frage, wann sie die Tschechoslowakei verlies, folgendes:
Ich war 5 Jahre alt, als ich die Tschechoslowakei mit meiner Mutter nach der kommunistischen Machtübernahme im Jahre 1948 verlies. Ich besuchte die amerikanische Dependent Schule in Darmstadt und kam in die USA als ich 7 Jahre alt war, in der zweiten Klasse in der Schule. Während meiner Zeit in der wir in Bensheim lebten, ging ich in die Schule in Darmstadt. Da habe ich von meinen deutschen Spielkameraden Deutsch gelernt und perfekt gesprochen. Leider habe ich aber das meiste vergessen, nachdem wir in die USA im Jahr 1950 ausgewandert sind.

Mit freundlichen Grüßen,
Marianne Kabes

Email vom 04.12.2015
Dear Mr. Strauch,

Thank you for sending me the Aerovkar magazine. That is a great picture of us on page 3.
To answer your question, I was 5 years old when I left Czechoslovakia with my mother after the Communist takeover in 1948. I started school in the American Dependent School in Darmstadt and arrived in the U.S.A. when I was 7 years old, in the second grade at school. While living in Bensheim and going to school in Darmstadt, I learned and spoke a perfect German which I learned from our German playmates, but forgot most of it after we emigrated to the U.S. in 1950.

Sincerely,
Marianne Kabes

 Frau Marianne Kabes-Crane zwischen Michael und Doris Strauch, anlässlich des 34. Europatreffens in Harrachov 2015
(Foto aus Aerovkar 4/2015, Seite 3)

 

Ende der Aero-Fahrzeugproduktion

Nach dem Krieg wurde die Wirtschaft in der Tschechoslowakei durch die neuen Machthaber neu strukturiert. Zentraler Punkt ist eine weitreichende Verstaatlichung, begleitet von einer Zentralisierung großer Produktionsbereiche. Für Aero bedeutete dies das Ende der PKW-Produktion. Die vorhandenen Produktionskapazitäten wurden in den Jahren 1946 - 1947 für die Produktion eines Leicht-LKW mit 1,5 Tonnen Nutzlast eingesetzt. Das Fahrzeug war eine Entwicklung der Firma Skoda aus dem Jahr 1939 (Skoda 150), von dem bei Skoda bis Kriegsende 182 Stück ausgeliefert worden waren. 


Skoda 150 Leicht-LKW von 1939


Diese Produktion wurde zu Aero verlegt, wo der LKW von 1946 bis 1947 als Aero A 150 hergestellt wurde.


Aero A 150 von 1946

Eine weitere Umstrukturierung, die die Flächen und Kapazitäten der Autoproduktion der Flugzeugfertigung zuteilte, bedeutete das endgültige „Aus“ für die Aero-Autoproduktion. Der Lastwagen wurde noch vier Jahre bei der Firma Praga weiter produziert und zwar bis 1951 als Praga A 150.

 
Praga A 150 von 1947

 
Hintergründe zum Ende der Aero-Fahrzeugproduktion

 Beitrag 1 von Herrn Prof. J. Vorisek (1902-1980)

Vom Herrn Prof. Vorisek bekam die Redaktion des Aerovkar ein äußerst interessantes Material aus seinem Archiv - herzlichen Dank!

Rekapitulation der Aktivitäten des Kollektivs des Konstruktionsbüros der Automobilfabrik Aero und eine Hypothese, warum das Programm der Erzeugung von Aero-Automobilen nach dem Krieg aufgehoben wurde.

Autor Ing. Josef Vorisek 
(Red: Aero-IG: in den Dreißigerjahren besaß er den Titel Architekt der Karosserien der Automobilfabrik AERO)

Im Laufe von 16 Jahren der Existenz der Fabrik AERO stellte das Kollektiv des Konstruktionsbüro einen hervorstehenden Teil der Fabrik vor. Seine Erfolge bildeten einen Markstein in der Geschichte der Fabrik, sowie auch in der tschechoslowakischen Automobilwelt, und das in der Zeit, wo der Name AERO einen guten Ruf auch im Ausland besaß.

Die Arbeit des Kollektivs wurde im Ausland als gut gewertet, wogegen in der Fabrik dies aus unbegreiflichen Gründen nur ausnahmsweise vorkam. Auch mussten sich die Mitglieder des Kollektivs im Laufe der ganzen Zeit mit einer Platzierung begnügen, die nur mit Nachsicht als ungenügend bezeichnet werden konnte. Auch die Arbeitsbeziehungen wurden durch Eingriff von einzelnen Personen oder Gruppen außerhalb des Büros getrübt. Der objektive Beobachter muss nach einem Zeitabstand zum Schluss kommen, dass es sich meistens um Äußerungen von kleinlicher Eitelkeit und Eifersucht handelte, die letzten Endes zu ökonomischen Verlusten der Fabrik führten. In den ersten Zeiten der Fabrik war es die Person des Fabrikinhabers (Red. Aero-IG: JUDr. Vladimir Kabes), der endgültig entschied, und mit tiefer Kenntnis der Leute und des Sachverhaltes den schlimmsten Folgen der beschriebenen Situation vorbeugen konnte.

Während der verhängnisvollen Kriegsjahre, die eine Krise der Automobilerzeugung brachten (wegen der Herstellung der Flugzeuge für Kriegszwecke), wurde die Leitung der Fabrik an den Sohn des Fabrikanten (Alter 25 Jahre) (Red. Aero-IG: JUDr. Vladimir M. Kabes) übertragen. Der war zwar imstande den Gang der Fabrik einzuhalten, aber in der Konstruktionsabteilung wurde das Programm aus Friedenszeiten, genehmigt von der deutschen Leitung, aus tschechischer Seite durch individuelle Eingriffe beeinträchtigt - desto mehr, da der neue Chef wenig Entschlossenheit zeigt dagegen einzugreifen. Nichtsdestoweniger wurden die Hindernisse mit dem Enthusiasmus des Kollektivs überwunden und es wurden zwei neue Prototype von Personenwagen (Red. Aero-IG: Pony und Rekord) ausgearbeitet. Mit Unterstützung anderer Abteilungen der Fabrik hatte man diese Prototype auch gebaut und - soweit es die Verhältnisse erlaubten - erfolgreich getestet.

Der Erfolg der Tests krönte die Arbeit des Büros und alle blickten mit Zuversicht in die Zukunft, wo ihre Arbeit zum Entstehen der nationalen Automobilproduktion des freien Staates beitragen wird. Nach Kriegsende wurde die Fabrik wegen ihrer beispielhaften Aktivität während der Okkupation zu den perspektiven Unternehmen, mit denen man in Zukunft rechnet, eingereiht.

Die Begeisterung aus dieser Wertung kam aber kurz danach zunichte und zwar wegen dem Entschluss über das weitere Schicksal des Konstruktionsbüros. Die betreffenden amtlichen Stellen der Republik fassten den endgültigen Entschluss (siehe auch Karel Jicinsky Automobile Aero in ihrer Zeit), dass sich das perspektive Friedensprogramm der Fabrik Aero auf die Erzeugung eines 1,5 Tonnen-Lastwagen beschränken wird, zu dem der Großteil der Mechanik von der Fabrik Praga geliefert wird, von wo auch das Modell stammte.

Die sechsjährige eifrige Arbeit des Kollektivs, der im Schatten der Flugzeugabteilung (die Waffen für Okkupanten erzeugte), auch materiell litt, kam so zunichte. Umsonst verhielt sich das Konstruktionsbüro in der Zeit nach der Mai-Revolution fünf lange Monate abwartend (d.h. bis September 1945) und war Zeuge des chaotischen Zustandes in der Fabrik. Für die Konstrukteure war es unglaublich, dass die Leitung der Fabrik, zusammen mit dem Revolutionsausschuss der Gewerkschaft, nicht eine Revision des Beschlusses durchsetzten, der die sechzehnjährige Arbeit der Fabrik auch in schlechten Zeiten treuen Leute zunichte macht. Heute steht das Kollektiv vor der unbegreiflichen Tatsache, dass beide Teile der Leitung kalt und mit Desinteresse den Beschluss der Regierung zugelassen haben, der offenbar mit Unkenntnis der Produktionsmöglichkeiten der Fabrik getroffen wurde. Und das trotzdem diese sogar von den Okkupanten respektiert wurden.

Diese Tatsache wird von uns nach einem bestimmten Zeitabstand vorgetragen, der uns ermöglichte, auf objektive Weise die Ursachen zu verfolgen, welche die beschriebenen Folgen auslösten. Das Plenum des Verwaltungsausschusses wurde mit Sicherheit von den ,,Fliegern“ zusammengestellt, um die Zukunft der Flugabteilung zu sichern. Außer des Inhabers der Fabrik sind dort hervorragende Persönlichkeiten vertreten, die auch während der Okkupation die Flugabteilung zu hervorragenden Leistungen veranlassten. Auch vor der Okkupation stellten die „Flieger“ die Elite der Fabrik vor. Sie verdienten am meisten.

Es ist unbestreitbar, dass die Automobilfabrik vom Anfang an eine persönliche Angelegenheit des Fabrikinhabers war, selbstgenügsam und mit kommerziellen Erfolgen funktionierte, aber doch im Schatten der "Flieger". Ihre Erfolge wurden von der Öffentlichkeit mit aufrichtigen Interesse verfolgt - mehr als von Seiten der Fabrik. Den Anteil am Ruhm der Marke AERO erwarb die Automobilfabrik mit bescheidener, prahlloser, täglicher Arbeit. Die Leute aus der Automobilfabrik, mit ihren Technikern an der Spitze, haben ihre kleinen Erfolge im wahrsten Sinn des Wortes erkämpft. Es waren neue Konstruktionselemente, die gegen den Widerstand der konservativen Produktion durchgesetzt werden mussten oder neue Maschinen für die Werkstätten, die nur in langen Zeitabständen geliefert wurden. Erfolge der Propagierung oder Erfolge im Verkauf, alle diese Angelegenheiten formten ein festes Band zur Unternehmung bei denen, die mit der Automobilerzeugung aufwuchsen und alterten.

Dies alles war unseren glücklicheren Kollegen, den “Fliegern“ unbekannt oder besser gesagt, ihre Erfolge wurden auf einem anderen Weg erzielt. Sie verfolgten die Automobilproduktion nur als privates Interesse um einen neuen Wagen. Die “Flieger“-Mitglieder des Leitungsausschusses der Fabrik sind typische Repräsentanten dieser Ansichten und so ist ihre Passivität in der Zeit, wo über das Schicksal der Fabrik für Jahrzehnte entschieden wurde, nicht überraschend. Es ist bekannt, dass die amtlichen Stellen auf Grund von Unterlagen, die von Leuten aus der Automobilproduktion geliefert werden, planen und entscheiden. Da uns nicht bekannt war, welche Unterlagen von unserer Leitung dem Ministerium vorgelegt wurden, konnten wir annehmen, dass unsere Leitung nicht über unsere zwei Prototype richtig unterrichtet war. Es ist zwar unbegreiflich, aber nur das zusammen mit Misstrauen gegen die Prototypen, konnte eine solche Stellungsnahme rechtfertigen.

Als wir aber nach dem Grund der Stellungsnahme unseres Leitungsausschusses forschten, entdeckten wir zwar zu spät, aber doch den entscheidensten Moment. Die technischen Unterlagen zu unseren Prototypen wurden von Seiten der Leitung bei unserem Konstruktionsbüro gar nicht angefordert und das Ministerium war folglich darüber gar nicht unterrichtet. Für uns heißt das, dass die postrevolutionäre Leitung der Fabrik auf die künftige Automobilerzeugung verzichtet. Das Programm der Erzeugung von kleinen Lastwagen kam also offenbar nicht nur von außen. Der Belegschaft der Fabrik ist nicht bekannt, wer die Fabrikleitung zu einer solchen Stellungsnahme bevollmächtigt hat, da die Person des Inhabers, JUDr. Kabes, an der Spitze des Leitungsausschusses steht. Wir vermuten, dass er eine solche Stellungnahme zur Automobilabteilung der Fabrik, die sich seit der Gründung der Fabrik seines besonderes Interesse freute, nicht zugelassen hätte. Die Annexion der Automobilfabrik seitens der „Flieger“ wurde daher auf eine nicht den heutigen demokratischen Verhältnissen entsprechende Art durchgeführt. Die Belegschaft der Automobilfabrik und deren Leiter wurden vor eine vollendete Tatsache gestellt. Der bisherige Chef, JUC Kabes verlies, offenbar unter einer Drohung, seinen Posten im Leitungsausschuss, ohne seine nächsten Mitarbeiter zu unterrichten und auf Druck der Zeitung Rude Pravo verzichtete er (und sein Vater) im Januar 1945 auf jegliche Position in der Fabrik. Der Stab über die bisherige Linie der Unternehmung wurde gebrochen und die Automobilfabrik steigt in die Unternehmung in Friedenszeiten als eine kleine Abteilung mit geringen Möglichkeiten einer eigenen Entwicklung mit allen den sich daraus ergebenden Nachteilen.

Die sechzehnjährige Produktions- und Konstruktionstradition, die Tradition der Marke AERO und die Bemühung der Techniker während der letzten sechs Jahren neue Prototype von Personenwagen für die Nachkriegszeit auszuarbeiten, das alles wurde von konkreten Personen leichtfertig über Bord geworfen, ohne Rücksicht auf materielle Verluste der Fabrik. Vergessen wurde, dass das Wegwerfen der Früchte der schöpferischen Arbeit der Mitarbeiter automatisch auch eine Verzicht auf die Marke AERO, einen Teil der glorreichen Geschichte des tschechoslowakischen Motorismus mit sich bringt.

Ausführlicher ist die Nachkriegsgeschichte im Abschluss der Monographie von Karel Jicinsky beschrieben. Der Autor des Artikels betrachtete die Erzeugung vom 1,5 Tonnen-Lastwagen als einen Vorwand zum Anschluss der Automobilfabrik Aero zur Fabrik Praga. Im Jahre 1966 traf er an den Friesbauden im Erzgebirge Herrn Bejsovec, Leiter der Ausbildung von Lehrlingen in der Fabrik Aero, wo sie sich auf diese Hypothese einigten. Die Veruntreuung des Friedensprogramms der Personenwagenproduktion hatte sich aber auch für die Anstifter nicht ausgezahlt – die Flugzeugdivision Aero wurde auch aufgelöst. Die Konstrukteure, die, ähnlich wie der Autor des Artikels, von der aufgelösten Fabrik Aero in die Fabrik Praga hinüberwechselten, konnten bis Februar 1948 hoffen, sich an der Ausarbeitung des Models eines Personenwagen zu beteiligen, den der Chefkonstrukteur der Fabrik Praga nach dem Krieg plante.

Handschrift umgeschrieben und mit Anmerkungen versehen im Februar 2008  
Vorbereitet von Karel Jicinsky  
Für die Veröffentlichung durch die Aero-IG International aus Aerovkar 5/2008 entnommen und gestaltet von Michael Strauch im März 2009
Dieser Artikel wurde auch im Aerovkar 4/2015 wieder veröffentlicht. 



 

 Beitrag 2 von Herrn Josef Knourek

Geehrte Aerofreunde,

im Artikel über den Lebensgang des Herrn Doktor Kabes fesselte mich die Erwähnung seines Abgangs aus der Fabrik Aero schon am Anfang des Jahres 1946. Und ich grübelte warum? War die im Artikel erwähnte politische Situation wirklich so schrecklich? Am 24. Oktober 1945 unterschrieb Präsident Beneš die Nationalisierung der Banken, Bergwerke und der schweren Industrie. Das an sich sollte nicht den Abgang der Eigentümer aus den Unternehmungen bedeuten, besonders derjenigen, die das betreffende Unternehmen leiteten.

Zufälligerweise bekam ich nach Übergabe des Aerovkar zum Druck die Zeitschrift Aero-NOVINY zum Kopieren. Die erschienen zuerst im August 1945 als Ersatz für den Aerovkar, aber mit der Bezeichnung, "Zeitschrift der Angestellten der Fabrik AERO“. Interessant ist, dass in der Nachkriegszeit das Ministerium für Information die Herausgabe der periodischen Zeitschriften beschränkte und nur Tageszeitungen genehmigte - die Aero-NOVINY haben dabei die Genehmigung erhalten. Ich blätterte in der Zeitschrift um konkrete Angaben über den Grund des Abgangs des Vaters und Sohn Kabes aus der Fabrik zu finden - und musste mich mehr und mehr wundem. Mit dem Lesen der Aero-NOVINY verbrachte ich fast die ganze Nacht. Es kam mir vor, als lese ich Rude Pravo (Bemerkung Tageszeitung der Kommunistischen Partei) aus den Fünfzigerjahren oder Vor-Februar-Drucksachen (Bemerkung gemeint Druck vor Februar 1948). Die Seiten enthalten Berichte aus Sitzungen des Betriebsgewerkschaftsrates, Russisch-Lernen, und ähnliches, aber sind hauptsächlich mit Hass gegen Leute, die imstande sind, etwas positives zu schaffen, gefüllt. Als Beispiel möchte ich die Erklärung des Koordinationsausschusses der Firma Aero aus der Novembernummer 1945 anführen (Brief 1). In der leider nicht kompletten Nummer (März 1946?) fand ich einen Brief des Gewerkschaftsrates der Firma Aero (Brief 4) und eines gewissen Frantisek Trachta an Dr. Kabes Jr. (Brief 3). Nebenbei muss ich betonen, dass die Unterschriften unter den Artikeln von uns völlig unbekannten Leuten stammen. Den Brief ,“Gesandt zum Abschied“ des Dr. Kabes Jr., auf den reagiert wird, haben wir als Brief 2 abgedruckt.

Nur ungern würde ich den Eindruck erwecken den Aerovkar politisieren zu wollen, aber auch dies gehört zur Geschichte der Fabrik AERO, das bisher vernachlässigt wurde. Diese Schriftstücke erlauben die Zeit und die Nachkriegsentwicklung in der Fabrik zu begreifen. Heute veröffentliche ich die zwei erwähnten Briefe und hoffe die bisher vermissten Materiale zu vervollständigen.

Josef Knourek  
Für die Veröffentlichung durch die Aero Interessengemeinschaft International aus Aerovkar 4/2009 entnommen und
gestaltet von Michael Strauch im Dezember 2009

 

Brief 1 (November 1945)

Arbeiter der Fabrik Aero!

Mit der Unterschrift des Präsidenten Beneš des Dekretes der Nationalisierung erlebten wir endlich die Verwirklichung des Gedankens, der zum ersten Mal in der USSR stattgefunden hat und wir sind stolz, dass wir den zweiten Staat vorstellen, der es gleichfalls durchführt.

Mit der Nationalisierung verschwindet die Kapitalistenklasse, die im Wohlstand zum Nachteil ihrer Angestellten lebte.

Nie wieder werden wir für ein Paar dieser Einzelnen arbeiten, sondern für die Leute unseres Volkes. Es ist unsere moralische Pflicht gut zu arbeiten um der ganzen Welt zu zeigen, dass wir imstande sind selber unsere Industrie zu leiten.

Wir danken der Regierung und dem Herrn Präsidenten für die Verwirklichung dieser schönen Tat und versprechen ihnen, dass wir uns mit fleißiger Arbeit am Zustandekommen dieses Programms bemühen werden um sich die Nationalisierung zu verdienen.

Der Koordinationsausschuss der Fabrik Aero  

 

Anmerkung:

Wie schon im heutigen Leitartikel angeführt, ist die Nachkriegsentwicklung in der Fabrik Aero nicht uninteressant. Mit dem nahenden 65. Jahrestag der Beendung des 2. Weltkrieges werden wir die damalige Atmosphäre mit Artikeln aus den AERO-Noviny vorführen. Aus den Artikeln ist ein schneller Verfall der Automobilproduktion schon vor dem „siegreichen Februar“ ersichtlich. Die Ursache war die sogenannte Diktatur des Proletariats (in Wirklichkeit Pöbeldiktatur) und die absolute Orientierung des Staates auf Stalins Sowjetunion.

Um den Vor- und Nachkriegs-"Aerodruck“ vergleichen zu können, werden wir immer eine Seite des Aerovkar interessanten Artikeln aus diesen Zeitschriften widmen.

Josef Knourek (2009)

 

Brief 2 (Februar 1946)

Brief des Herrn JUDr Kabeš Jr.  „Gesandt zum Abschied“

Gesandt zum Abschied

   Denkt nicht, Freunde, dass meine schönen Erinnerungen auf die zehnjährige Zusammenarbeit mit euch mit den Umständen meines Abgangs geschwächt werden. Die wurden  weder von mir  noch von euch verursacht und wir sind uns bewusst, dass hier höhere Gesichtspunkte im Spiel waren, die nicht mit den Banden der gegenseitigen Vertrauens und Freundschaft, die ich hoch gewertet habe, beeinflusst werden konnten.

   Die Zeit meiner Tätigkeit in der Firma Aero fiel leider in die kritische Periode der Industrie und der ganzen Nation, um dessen Überleben im Raum, bezeichnet als „Konzentrationslager Protektorat“, mit Ehre gekämpft wurde. Ich betone, dass es sich um ein ehrenvolles Überleben handelte und ich bin der Meinung, dass es uns im Aero gelungen ist, diese Aufgabe zu erfüllen.

   Nicht viel Zeit blieb übrig für den organisierten Aufbau und industrielle Planung, da es sich um Einhaltung der selbstständigen Existenz der Unternehmung, um maximale Beschränkung der Waffenerzeugung und um Einhaltung womöglich verträglicher Arbeitsbedingungen der Angestellten handelte. Sie wissen, dass die Fabrik Aero zum Traum der total eingesetzten Leute wurde, die sich vor Umschulungsmethoden der Unternehmungen Junkers, Letov und anderen, von Deutschen beherrschten Fabriken fürchteten. Unsere deutschen Aufseher vermissten bei uns nicht nur Porträte des Führers und des verstorbenen Staatspräsidenten, aber vor allem den Geist der Sklavenschaft, mit dem sie raffiniert Körper und Geist ihrer eigenen Unternehmungen vergewaltigten. Auch wunderten sie sich über die guten und freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Angestellten und der Leitung.

   Meine ganze Tätigkeit in der Fabrik Aero war darauf abgezielt. Es war meine Satisfaktion, dass ich auf diesem Wege nicht scheiterte.

   Mein Abgang zur weiteren Tätigkeit ist mit wertvollen Erfahrungen der schweren Jahre gewappnet. Ich danke ihnen für ihre Unterstützung und Sympathie und wünsche ihnen eine Einhaltung der selbstständigen Existenz und des Rufes der Fabrik Aero, als einer Fabrik mit gerechten Beziehungen zu ihren Angestellten, die guten Willen und verantwortliche Beziehung zur Arbeit ausweisen. Mit der Handvoll der anderen rechnen sie zum eigenen Gunsten ab, und zwar schneller und rücksichtsloser als wir.

   Am 22. Februar 1946   Dr. Vladimír Kabeš Jr.          (Aero NOVINY, Jahrgang II, Nr 4, März 1946)  

 


Brief 3 
(Veröffentlichung März 1946)

Antwort auf den Brief von Herrn Dr. Vladimir Kabes Jr. "Gesandt zum Abschied"

“Gesandt zum Abschied“ mit dem sich in der vorigen Nummer der AERO-Noviny Dr. Kabes Jr. von uns verabschiedet, erweckte in der Fabrik verdientes Interesse. Besonders sein gut gemeinter Rat, dass wir uns mit der kleinen Handvoll “der Anderen“ zu unseren Gunsten abrechnen sollen.

Herr Doktor, seien sie sicher, dass wir es machen werden. Nur ist uns unklar, wen sie damit meinen. Die Säuberung haben wir längst durchgeführt. Es bleiben nur diejenigen, denen die Nationalisierung nicht gefällt und die lieber die Fabrik unter dem alten Regime sehen möchten. Wir können sie versichern, dass sie nicht lange Zeit mit uns bleiben werden.

Sie raten uns bei der Abrechnung mit der Handvoll schneller und schonungsloser zu verfahren, als sie es getan haben. Wir sind aber der Meinung, dass wir das Tempo und Ausmaß ihrer Rücksichtslosigkeit einhalten werden, die sie in der Vorkriegszeit vorführten, wenn es sich um ihr materielles und anderes Interesse handelte.

Ja, wir werden gegen jeden, der sich es verdient, auftreten. Aber direkt. Also anders, als damals. Wo diese Arbeit für sie ihre Ergebenen, mit denen sie sich umgeben haben, ausrichteten.

Auch wir verabschieden uns von ihnen. Und werden uns lange Zeit ihrer erinnern, besonders dann diejenigen, die auf eigene Haut das Schikanieren, Aussetzen und andere Errungenschaften des damaligen Kapitalismus erlebt haben.

Frantisek Tranta

 

Brief 4  (Veröffentlichung März 1946)

Antwort auf den Brief von Herrn Dr. Vladimir Kabes Jr. "Gesandt zum Abschied"

Den Brief “Gesandt zum Abschied“ in der vorigen Nummer der AERO-Noviny möchte der Betriebsrat der Fabrik Aero wie folgt beantworten:

Ihre Behauptung, dass ihr Wirken in der Fabrik auf Erzielung eines guten Verhältnisses zwischen der Betriebsleitung und den Angestellten abgezielt war, kann vor der Kritik, uns, Aero-Arbeiter nicht standhalten. Sie begünstigten nur wenige, die wussten, wie auf verschiedene Weise ihr Wohlgefallen zu gewinnen. Ihre freundliche Haltung zur ganzen Besatzung äußert sich erst seit der Umsturztage und ist zu auffällig, sodass sie verschiedene Vermutungen erlaubt.

Wie wir mit denen abrichten werden, die geblieben sind und erhöhte Aufmerksamkeit brauchen, werden wir selber entscheiden. Nichtsdestoweniger danken wir ihnen herzlich für ihre Hinweisung.

Für ihr zukünftiges Leben wünschen wir ihnen viel Erfolg.

Der Gewerkschaftsrat Aero

 

 

 Beitrag 3 von Herrn Josef Knourek

Für die Veröffentlichung durch die Aero Interessengemeinschaft International aus Aerovkar 5/2009 entnommen und gestaltet
 von Michael Strauch im April 2010

Um die Nachkriegszeit zu begreifen, muss man in die Geschichte zurückkehren. Für die tschechischen Länder, aber auch für weitere europäische Völker war  als Vorzeichen schon die Konferenz von Jalta (Februar 1945), wo die zukünftigen siegreichen Mächte, vertreten  mit W. S. Churchill, F. D. Roosevelt und J. V. Stalin, ihre ersten Schritte zur Nachkriegsaufteilung von Europa unternahmen. Interessant ist, dass in den sechs Punkten des Abkommens darüber keine Rede ist. Aus Notizen folgt aber, dass die Tschechoslowakei als ein konfliktloses Territorium betrachtet wird. Die Potsdamer Konferenz (17.7. – 2.8.1945) teilte dann Deutschland unter die 4 Großmächte. In Stille aber wurde ganz Europa geteilt. Es muss aber gesagt werden, dass von den ursprünglichen Teilnehmern in Jalta nur Stalin übriggeblieben ist. W. S. Churchill wurde nach den Wahlen in der 2. Hälfte der Potsdamer Konferenz durch C. R. Attlee ersetzt und Amerika wurde von H. S. Truman vertreten. Das beeinflusste Stalins Pläne. Man sagt, dass  Churchill noch Stalin überredete, in den befreiten Ländern frei Wahlen zuzulassen. Für Amerika war aber das Schicksal der ČSR nicht allzu interessant und es ist möglich, dass Amerika nicht eine derartig hart Beherrschung der befreiten (in Wirklichkeit eroberten) Staaten voraussah.

Im Juli 1945 begann der Rückzug der Roten Armee aus der ČSR und bis zum 15. November war der Rückzug aller fremden Armeen beendet. Im Lande blieb aber eine Menge von sog. sowjetischen Beratern und der Einfluss der Kommunisten war schon damals beträchtlich.

Es ist möglich, dass unseren westlichen Nachbarn (nicht nur Deutschen) vorkommen kann, dass Tschechen als Slaven dem russischen Lebensstil nahe stehen. Das ist aber ein großer Irrtum – der ist uns fremd. Aus der historischen Hinsicht waren wir – in besseren oder schlimmeren Zeiten – immer mit dem Westen verbunden. Oft blutverwandt.

Meiner Meinung nach sind in der Geschichte Ursachen eines Ereignisses oft interessanter, als das Ereignis selber – das gilt für Weltkriege, gleichfalls für Ereignisse der Vergangenheit wie der Gegenwart.

Nach dem Krieg konnte man die Aversion der Tschechen gegenüber den Deutschen begreifen – heute sehen wir, wie unsinnig der Krieg war und wie viele anständigen Deutschen darunter litten. Die sowjetischen Berater zusammen mit Kommunisten (die sich übrigens einer großen Unterstützung der Bevölkerung freuten) systematisch Hass nicht nur gegen die Besiegten fachten, aber auch gegen die eigene Elite. Und dazu wurde  (schon gleich nach dem Krieg) betont, wie der Westen „seine“ deutsche Zone zur Gehässigkeit anstiftet, aber taktvoll wurde verschwiegen, wozu die sog. Ostzone dienen soll.

Das tschechische „Proletariat“ sah leider in Stalin etwas als einen „Bruder“, ähnlich wie die Deutschen in Hitler einen Heiland. Als beide Nationen erwachten, war es schon zu spät. Aus der Geschichte ist uns bekannt, dass überall, wo ein Diktator zur Macht gekommen ist, hatte er, wenigstens im Beginn, an seiner Seite Pöbel und dessen ist immer genug. Damit kam ich zur Erklärung einer unbegreiflichen Tatsache, wie es kommt, dass  in einem anständigen und demokratischen Staate (Volke) beim Antritt der Diktatur so viele Denunzianten und Kollaboranten auftauchen.

Die Nationalisierung nach den Beneš Dekreten im Jahre 1945 betraf Unternehmungen mit mehr als 500 Angestellten. Betroffen waren 2868 Betriebe. In diesen Unternehmungen formten sich Organisationen der Kommunistischen Partei und Revolutions-Gewerkschaftsräte. Anders war es bei kleinen Unternehmungen. Die wurden erst nach Februar 1948 verstaatlicht und bis daher war hier die Situation günstiger. Es wäre aber irrtümlich vorauszusetzen, dass all diese Veränderungen unmittelbar nach dem kommunistischen Umsturz durchgelaufen sind. Der Prozess dauerte bis in die Hälfe der Fünfzigerjahre und die Übernahme der Unternehmungen fing zuerst mit den großen an. Als letzte kamen Gewerbsleute an die Reihe, die allein arbeiteten. Im Unterschied zu den Nachbarstaaten, die unter dem Einfluss  der USSR standen, war die Tschechoslowakei wahrscheinlich die einzige, wo private Unternehmen völlig ausgerottet wurden.

Zur Frage der deutschen Kollegen betreffs der Firma von Josef Sodomka führe ich an, dass die Firma Carrosserie Sodomka Vysoké Mýto nicht die Kriterien der Nationalisierung erfüllte (hatte weniger als 500 Angestellte). Nationalisiert wurde sie  daher erst am 28. Juni 1948 auf Grund der K. Nr. 1420/1948. Auch nach Nationalisierung behielt J. Sodomka den Direktorsposten, da er sich einer großen Unterstützung der Angestellten (angeblich auch der dortigen Kommunisten) freute. In den Fünfzigerjahren war es aber für die Kommunistische Partei undenkbar, dass ein ehemaliger Besitzer diese Funktion bekleiden könnte und so musste man irgendeine staatsfeindliche Aktivität inszenieren und ihn dafür verurteilen. So ist es übrigens Tausenden von talentierten Leuten ergangen.

Nach dem Krieg hatte Dr. Kabeš sen. ein großes Interesse an der schnellen Instandsetzung der beschädigten Fabrik und Wiederaufnahme der Produktion, ohne Rücksicht auf die voraussichtliche Nationalisierung. Das bezeugt auch sein Beitrag in 1. Nummer der Aero-NOVINY (Aero-Zeitung) (August 1945):

Vladimír Kabeš:    Der Geist des 5. Mai (1945)

Der 5. Mai formte mit seiner revolutionären Entladung ganz eindeutig die jahrelang verheimlichten und unterdrückten Gefühle des tschechischen Volkes. Die Folge davon ist eine Aufklärung der Atmosphäre, Liquidierung der Trübe, die sich unter jeder polizeilichen Regierung anhäuft und eine Ausbreitung von neuen sozialen und ökonomischen Perspektiven. Es ist meistens eine erhebende Zeit mit einer hinreisenden Dynamik und wir sind glücklich sie erleben  zu können mit dem Gesicht ausgesetzt deren säubernden Hauch.

Als direkte Teilnehmer des Aufbaues und der fortscheitenden Konsolidierung der tschechoslowakischen Industrie übertragen wir in das engere Segment unserer Fabrik alles, was sich gleichzeitig auf dem großen Schauplatz der staatlichen Politik abspielt und suchen in unserer täglichen Arbeit alle Elemente, die diese frische und aussichtsreiche Atmosphäre ausbilden. Und in diese Atmosphäre wollen wir die sichere Existenz unseres wiederauf- erstehendes Staates und unsere eigene Zukunft eingliedern.

Nach durchgeführter Beseitigung politisch kompromittierter und sozial unerwünschten Elemente, nach dem Aufbau von festen rechtlichen Grundlagen der weiteren staatlichen und ökonomischen Entwicklung und nach Entstehung des aus freiem Willen des befreiten Volkes geformten Parlamentes, wird das tägliche Leben in seinen normalen Lauf zurückkehren. Die revolutionäre Zeit wird in der Organisation der Regierung und des Gerichtsapparates tiefe, dauernde und anregende Spuren hinterlassen und wird die Einhaltung der von unserem Volke erwobenen und heute auch ausgeübten Rechte absichern. Wir wären aber in der Zukunft nicht dem riesigen und heute noch nicht gänzlich begriffenen Umsturz gerecht, wenn wir in unser privates und innerlichste Leben nicht das übertragen würden, was wir äußerlich bei allen Gelegenheiten manifestieren: nämlich eine vollkommene geistige Wiedergeburt.

Wenn ich diesen Artikel unseren Bedingungen anmessen soll, kommen mir als  praktische Folgen dieser geistigen Wiedergeburt diese zu sein:

     1.  Legen wir Misstrauen und Verdächtigung, die uns jahrelang – und berechtigt – quälten, zur Seite und bedenken die Festigkeit der Lage, die wir alle heute erzielten: Furcht vor nationaler und politischer Verfolgung sind verschwunden. Verschwunden sind auch Tribune des Volkes, die ihn bewusst betrogen und äußerlich „unveräußerliche Forderungen“ stellten, die sie im Privat für eine Zigarre umzutauschen bereit waren. Es scheint, dass von unserem öffentlichen Leben das Zauber der heimlichen Abkommen und verdächtigen Kompromisse verschwindet. Die entscheidenden Organe stehen unter direkter und öffentlicher Kontrolle. Jeder Einzelne hat das Recht seine gerechte Sache vorzutragen und sie vor dem Forum seiner Kameraden zu verteidigen. Jedes Mitglied des Gewerkschaftsrates, jedes Mitglied des Verwaltungsausschusses ist für sein Tun mit seiner Funktion verantwortlich. Wer noch heute die Atmosphäre mit anonymen Anfeindungen und Klatsch vergiftet, hat keinen Anspruch auf den Ehrentitel Revolutionär sondern nur auf die schmachvolle Bezeichnung Zerrüttler.

Wir sind gewohnt abseits zu kritisieren – das haben uns die sechs schweren Jahre gelernt. Lernen wir heute eine andere, demokratische Form der Handlung: bei jeder öffentlichen Gelegenheit sollten wir offen und mannhaft mit allem, was uns nicht gefällt, auftreten und das Recht  der freien Äußerung nutzen! Die wiedererworbene Freiheit des einzelnen Menschen, die Freiheit der Meinung und Äußerung bietet uns riesige Möglichkeiten. Wir sollten sie im ehrlichen Spiel gegen alles und allem, dessen Tun wir die Möglichkeit und Verpflichtung zu verfolgen haben, ausnützen. Wir müssen aufhören sich vor Kritik zu fürchten, hauptsächlich aber vor der Verantwortung für Kritik und müssen verantwortliche Kritik überall dort ausüben, wo sich dazu die Gelegenheit bietet. Daraus ergibt sich ein vielseitiger Nutzen: Auf der einen Seite eine Garantie der verlässlichen Führung unter dauernder und wirksamer Kontrolle der Öffentlichkeit, und auf der anderen Seite ein freudiges Gefühl der konstruktiven Teilnahme am Aufbau. Die offene Kritik ist ja Salz der Demokratie, die sie stärkt – dunkles Murren verfolgt nur dunkle Ziele.

     2. Befreien wir uns von der Vorstellung, dass wir auf andere schuften, dass unsere Arbeit fremden Wohlstand fördert. Das sozial zu fühlen lehrte uns der kapitalistische Liberalismus, national-politisch die deutsche Bedrückung. Diese – damals berechtigte Meinung – ist heute und desto mehr morgen, nichts als Vorurteil der Verspäteten im Denken oder eine Ausrede der Arbeit sich ausweichenden. Es darf keine Unternehmung geben, deren Gewinn sich nicht zum Nutzen derjenigen äußern wird, die ihn mit eigenen Händen schafften. „Würdig ist der Arbeiter seines Lohnes“ und dasselbe gilt für seinen Kollegen in der Verwaltung, seinen Vorgesetzten, wenn sie ihre Arbeit gut ausführen und wenn sie der Unternehmung im Masse ihrer Belohnung beitragen. Der Nutzen der Unternehmung ist sein Gewinn, aber der Endzweck des Gewinns muss seine direkte oder indirekte Zurückgabe denjenigen sein, die sich um ihn verdienten. Unsere Regierung wird – davon sind wir überzeugt – dafür sorgen, arbeitsloses Einkommen abzuschnüren und die Wirtschaft in den sozialistischen Aufbau einzugliedern. Heutzutage ist es keine Phrase mehr, dass die Leute in den Unternehmungen für sich arbeiten, auch wenn sie die Früchte ihrer Arbeit bisher nur als Inhalt ihrer Lohnsäckchen erkennen. Wer nicht arbeitet, oder der Arbeit ausweicht, beschädigt nur das Staatsinteresse und dadurch auch das eigene, nicht das Interesse jemand anderes. Er kämpft nicht gegen Ausbeutung, sondern sabotiert, so wie er auch unter den Deutschen nicht sabotierte, sondern sich auf Kosten anderer vor der Arbeit drückte.

Unter uns, denen, die heute mit heißem Herzen an dem Neuaufbau unserer durch die Okkupation und den Krieg so schwer beschädigter Industrie arbeiten, ist es klar. Wir wollen arbeiten, werden arbeiten und verlangen nichts, als gerechte Kontrolle unserer Arbeit, aufrichtiges Vertrauen unserer Kameraden und freudige Zusammenarbeit uns aller ohne Unterschied.

 

 

 Beitrag 4 aus Sicht von Vladimir Kabes jun.

hier als Auszug aus der Broschüre Die Aero Familie – Eine Erinnerung an 80 turbulente Jahre” 
(zusammengestellt von Willfest Brücker):

V. ,,Die Demokratie des Volkes“ danach

Durch das Jalta Abkommen war die Tschechoslowakei unter russischem Einfluss. Einen Tag nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945 “befreite“ die sowjetische Armee Prag und die Exilregierung kehrte aus London zurück. Die Kommunisten waren bereits vor dem Krieg im tschechischen Parlament gegenwärtig und bekamen Schlüsselämter in der neuen Nachkriegsregierung.

Mit dem russischen Bären hinter ihnen, wurde der Einfluss dieser Minister fast augenblicklich spürbar. Ein Dekret kam heraus, wonach alle Banken, Versicherungen, Bergwerke und Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern, einschließlich der Automobil- und Flugzeugindustrie, verstaatlicht wurden. Ironischerweise am Tag der tschechischen Unabhängigkeit, dem 28.10.1945. Die kommunistische Zeitung Rude Pravo und das staatlich kontrollierte Radio dominierten die Medien. Einige Monate später erschien ein Artikel, in dem mein Vater angegriffen wurde; man behauptete zu wissen, warum dieser Kapitalist Kopf des Unternehmens geblieben war, das nun “dem Volk gehörte“. Mein Vater hatte die ganze Unterstützung seiner Arbeiter, dennoch räumte er an diesem Tag seinen Schreibtisch und verließ sein Büro, um nie wieder zurückzukehren. Er starb im nächsten Jahr, im März 1947; er wurde gerade über 60 Jahre alt.

In der “schönen neuen Welt“ der sozialistisch-kommunistischen Tschechoslowakei war kein Platz für eine Autofabrik wie Aero. Die Regierung führte einen Rationalisierungsplan durch, wonach noch drei Automobilklassen hergestellt werden sollten, basierend auf Maschinen Typen von unter 1.000 ccm, 1.000 ccm und 2.000 ccm. Diese wurde jeweils von Jawa, Skoda und Tatra hergestellt. Da der Name Aero nun im Besitz des Landes war, wurden die ersten Nachkriegs Autos von Jawa “Aero Minor“ genannt. Aber das waren nicht die Pony und Rekord Autos, die Aero während des Krieges entwickelte - wir hatten mit ihrer Entwicklung nichts zu tun. Später wurden sie - korrekt - unter dem Namen Jawa Minor bekannt.

Aber all dies passierte nachdem ich Aero 1946 verließ und eine neue Karriere an zwei Fronten startete, indem ich als Presse Sekretär im Tschechoslowakischen Parlament arbeitete und anschließend Lockheed Flugzeuge bei seinen Bemühungen für den Verkauf von Constellations an die tschechoslowakische Luftlinien vertrat.

Im Februar 1948 erlangten die Kommunisten totale Kontrolle über das Land und ich, immer noch ein ziemlich junger Mann von 30, realisierte, dass ich dort keine Zukunft für meine Familie und mich hatte. Mein kapitalistischer Hintergrund, liberaler politischer Glauben und US-orientierte Geschäftsinteressen waren schwarze Flecken im Buch der Kommunisten. Da legale Auswanderung nicht erlaubt war, ging ich, indem ich durch die Wälder und über die Grenze der amerikanischen Zone nach Deutschland marschierte. Meine Frau und meine zwei kleinen Töchter kamen ein paar Monate später. Im November 1950 erreichten wir die Vereinigten Staaten. Meine neue Karriere in den Bereichen Menschenrechte und internationaler Entwicklungsdienst verschafften mir die sprichwörtliche ,,zweite Chance“.

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Ergänzung der Aero-IG-Redaktion:

Am 16. November 1945 fuhr Herr Kabes  jun. noch mit dem Pony bei einer offiziellen Veranstaltung - wie der Text unten darlegt. Herr Kabes jun. promovierte noch im November 1945. Unter politischem Druck kündigte Herr Kabes jun. am 25. Februar 1946 bei der Firma Aero, kurz nach dem auch sein Vater aus ähnlichen Gründen die Firma verlassen hat. 

Zwischen diesen beiden Zeitpunkten liegen die dramatischen Ereignisse, die in den vier obigen Briefen zum Ausdruck kommen. Der folgende Text ist aus dem Aerovkar 4/2009 entnommen:

Zitatanfang
Unerforschlich sind die Wege des lieben Aero-Herrgotts. Viele Bekannte meiner Frau-Genealogin wissen, dass ich etwas mit den Aeros zu tun habe und so sandte mir Herr Karel Bazant (Genealoge aus Prag-Brevnov, woher ich und Filomene stammen) einen interessanten Beitrag in unser Archiv. Es handelt sich um eine Seite aus dem Stationsbuch des Polizeibezirks 2 Prag IV - Hradcany vom 16. November 1945. Die Seite ist schlecht lesbar und ich wiedergebe sie in lesbarer Form:

“Ankunft des Wagen Aero mit dem Sendungsschreiben dem Herrn Präsidenten der Republik:  
Im Rahmen des Weltkongresses der Studenten in Prag am 16. November 1945 Zielfahrt quer durch die Republik mit dem Sendungsschreiben dem Präsidenten der Republik Edvard Beneš. Zweck dieser Fahrt ist die Durchfahrt aller Städte mit einer Hochschule oder Hochschulen-Fakultät. Vom akademischen Kollegium wurde den Fahrern eine schriftliche Äußerung der Achtung übergeben, die dann auf der Burg bei dem Besuch der Ordner des Kongresses dem Präsidenten präsentiert wurde.

Die Fahrt unternahm mit dem neuen Wagen der tschechischen Produktion “Aero 750 P“ JUC Vladimir Kabes. Ankunft auf der Burg am III. Hofraum um 16.00 Uhr. Um 16.10 Uhr Empfang vom Präsidenten der Republik. Teilnahme der Öffentlichkeit ca. 500 Personen.

Um 17.10 Uhr Abgang der Delegation des Verbands der cs. Studenten
Ordnungsdienst abgeleistet vom Kapitän Hartman und 5 Mann der Freizeit."

Bemerkung: Herrn Jan Hanus hat man irgendwie vergessen. Er war der Fahrer des Aero-Wagens Ponny.

Abbildung: Plakat zur Begrüßung der Besatzung und des Aeros in der Fabrik mit der Aufschrift: Wir begrüßen die siegreichen Fahrer und unseren Wagen Ponny“ mit der Botschaft des Studentenkongresses dem Herrn Präsidenten.  

 

Zitatende

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Hinweise von Josef Knourek:

Im Aerovkář 4/2009, Seite 8, berichtet Karel Jičínský über die Zielfahrt. Der Aero 750 P wurde wirklich von Vladimír Kabeš jun. gefahren - siehe seinen Titel JUC (Er war noch nicht Doktor der Rechte mit dem Titel JUDr). In diesem Zusammenhang möchte ich bemerken, dass die Promovierung von Vladimír Kabeš im Herbst 1945 nichts ungewöhnliches darstellt. Man kann sagen, dass in dieser Zeit die Tschechoslowakei ein demokratischer Staat war - zum kommunistischen Umsturz im Februar 1948 fehlten noch zwei Jahre. Die Kommunisten nutzten aber eine relativ starke Unterstützung der Bevölkerung und besetzten nach und nach verschiedene Posten. Dazu dienten ihnen auch auf Grund Beneš Dekreten nationalisierte Unternehmungen.

Kleinere Unternehmungen (unter 500 Angestellte) wurden im Jahre 1945 nicht nationalisiert. Das geschah erst nach Februar 1948 (darüber berichte ich näher im Aerovkář 5/2009). Auch in diesen Unternehmungen blieben in manchen Fällen die Eigentümer als Direktoren. Die größte Jagd auf diese Leute kam erst Ende 1949 und hauptsächlich in der 1. Hälfte der Fünfzigerjahre.

Es ist begreiflich, dass sich jede Diktatur ein Hinterland ausbildet, im Beginn mit Einschaltung von Spitzeln und Denunzianten, Erzeugung eines Milieu von Furcht (auch in eigenen Reihen) und am Ende mit Liquidierung von (oft vermutlichen) Gegnern. Der Prozess dauert immer eine bestimmte Zeit, wie aus allen Unterlagen über betroffene Staaten ersichtlich. So war es auch in der Tschechoslowakei.

Josef Kňourek     

 

 



 

 
Geschichtlicher Hintergrund
(entnommen aus Wikipedia)

Tschechoslowakei

Von 1914 bis 1918 kämpften Tschechen im Ersten Weltkrieg. Gegen die Monarchie bildeten sich im Exil eine tschechische und slowakische, von Tomáš Garrigue Masaryk angeführte Opposition. Am 28. Oktober 1918 kam es zur Gründung der Tschechoslowakei, T. G. Masaryk wurde erster Staatspräsident. Die bis dahin Ungarn administrativ unterstellte Slowakei schloss sich dem neuen Staat an (Milan Rastislav Štefánik). 1919 fand der Beitritt/Anschluss der Karpatoukraine (nach 1945 fällt sie an die Sowjetunion) statt, 1920 der Anschluss Teschens. Von 1918 bis 1938 bestand die sogenannte Erste Tschechoslowakische Republik.

Zwischenkriegszeit und Zweiter Weltkrieg

Es gab in der Tschechoslowakei eine starke deutsche Minderheit, die im Sudetenland die Mehrheit bildete. Bei der Volkszählung im Jahre 1930 betrug der Bevölkerungsanteil auf dem Gesamtgebiet der heutigen Tschechischen Republik 29,5% [14]. Die Deutschen in der Tschechoslowakei waren seit 1919 durch die Deutsche Nationalpartei vertreten. Die deutschen Sozialdemokraten waren von 1920 bis 1935 die stärkste deutsche Fraktion im Prager Abgeordnetenhaus und wurden ab 1929 mit ihrem Vorsitzenden Ludwig Czech, der verschiedene Ministerposten bekleidete, auch Regierungspartei. 1933 gründete Konrad Henlein die Sudetendeutsche Partei (SdP). Mit deutscher Unterstützung forderte die SdP immer weitergehende Autonomie und Abtrennung des deutschsprachigen Landesteils von der Tschechoslowakei und verschärfte mit dem Karlsbader Programm vom 24. April 1938 die Sudetenkrise.

Nach der Annexion Österreichs drohte Hitler mit dem Einmarsch in das Sudetenland. England und Frankreich hatten als Schutzmächte nach dem Vertrag von Saint Germain Schutzpflichten gegenüber der Tschechoslowakei; außerdem gab es noch zusätzliche Bündnisverträge Frankreichs und der Sowjetunion mit der ČSR. Die Regierungen Frankreichs und Großbritanniens waren der Auffassung, durch Nachgeben („Appeasement-Politik“) einen drohenden Weltkrieg verhindern zu können. Ohne die Beteiligung der tschechoslowakischen Regierung unterzeichneten Hitler, Mussolini, Chamberlain und Daladier am 29. September 1938 das Münchner Abkommen, nach dem die Tschechoslowakei das Sudetenland an Deutschland abtreten sollte. Die Tschechen nennen diese Vereinbarung das „Münchner Diktat“ oder den „Münchner Verrat“. Etwa ein Drittel des Staatsgebietes fiel damit an das Deutsche Reich.

Am 5. Oktober 1938 trat Präsident Edvard Beneš zurück und ging ins Exil nach Großbritannien. Sein Nachfolger wurde Emil Hácha. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen am 15. März 1939 in die „Resttschechei“ wurde das Reichsprotektorat Böhmen und Mähren gegründet. Die Erste Slowakische Republik wurde ein Satellitenstaat des Deutschen Reiches. Am 27. September 1941 folgte auf den dauerhaft beurlaubten Statthalter Neurath als neuer Reichsprotektor Heydrich. Am 27. Mai 1942 wurde auf Heydrich ein Attentat verübt, an dessen Folgen er am 4. Juni 1942 starb. Als Vergeltungsmaßnahmen wurden unter anderem die Bewohner der Dörfer Lidice und Ležáky umgebracht. Während der deutschen Besetzung befanden sich auf tschechischem Boden das KZ Theresienstadt sowie mehrere Außenlager des KZ Flossenbürg, darunter die „Richard“-Gruben. 1945 fand die faktische Wiederherstellung der Tschechoslowakei durch das „Kaschauer Programm“ der neuen Regierung unter Premierminister Zdeněk Fierlinger statt. US-amerikanische, sowjetische und tschechoslowakische Truppen befreiten das Land. Die in der Erklärung von Jalta vereinbarte Demarkationslinie zwischen dem von den USA und dem von der UdSSR verwalteten Gebiet verlief entlang der Städte Budweis, Pilsen und Karlsbad.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Am 5. Mai 1945 begann der Prager Aufstand gegen die deutsche Besatzungsmacht. Er wurde niedergeschlagen. Am 9. Mai 1945 marschierten sowjetische Truppen in Prag ein. Präsident Beneš übernahm wieder die Regierungsgewalt. Zur Wiederherstellung des Staates wurden die Beneš-Dekrete (143) erlassen. Neben gewöhnlichen Verwaltungsangelegenheiten regelten diese auch die Bestrafung, Vermögensenteignung und Ausbürgerung der als „Staatsfeinde“ angesehenen Deutschen und Ungarn.

Am 26. Mai 1946 gewann die Kommunistische Partei der Tschechoslowakei (KSČ) die Wahlen, wurde Bestandteil der Regierung und konnte einen gewaltigen politischen Einfluss ausüben. Klement Gottwald (KSČ) wurde in der Folge Ministerpräsident. Am 24. Oktober 1946 war die Vertreibung von 2,7 Mio. Sudetendeutschen abgeschlossen. Diese „Umsiedlung“ war eine Entscheidung der Siegermächte unter anderem bei der Konferenz von Jalta und der Potsdamer Konferenz, um weitere Kriege und Konflikte in Mitteleuropa zu verhindern.

Kommunismus

Am 25. Februar 1948 fand die vollständige Machtergreifung durch die Kommunisten (KSČ) statt. Es kam zur Verfassungsänderung und Umgestaltung des Landes nach sowjetischem Muster. Erster sog. „Arbeiterpräsident“ wurde Klement Gottwald. Im November 1952 wurde Rudolf Slánský zusammen mit elf weiteren Angeklagten im „Slánský-Prozess“ zum Tode verurteilt. 1957 wurde Antonín Novotný Präsident. An der Kafka-Konferenz 1964 in Liblice wurde Franz Kafka rehabilitiert. Rufe nach Reformen wurden laut und kulminierten auf dem vierten tschechischen Schriftstellerkongress im Juni 1967 in direkter Kritik der politischen Führung.

 

 

In diesem Umfeld entstand 1928 die Autoproduktion des Prager Flugzeugherstellers Aero.

 

 

Die Firma AERO wurde 1919 in Prag-Bubenec als Servicefirma für Flugzeuge gegründet. Der Betrieb wurde nach und nach zu einer Fertigungsanlage für komplette Flugzeuge erweitert. Da die Nachfrage nach den Anfang der zwanziger Jahre gebauten Kleinflugzeuge gering war, begannen die Aero-Werke mit der Lizenzproduktion von Seitenwagen für Motorräder und Weymann- Karosserien für Automobile.  
Auch aufgrund der veränderten politischen Lage nach dem ersten Weltkrieg musste zur Aufrechterhaltung des Betriebes nach neuen Geschäftsfeldern gesucht werden. Ähnlich wie die Flugzeugfabriken Voisin, Salmson, BMW und später Saab, Messerschmitt und Heinkel stellte man die Produktion auf Kleinwagen um. 

Als Konsequenz begann man bei Aero ab 1927/28 mit der Herstellung kleiner Automobile unter dem Namen ENKA, aus dem das erste Aero-Auto, der Roadster Aero 500 (A 10), motorisiert mit einem Zweitakt-Einzylindermotor mit 500 ccm und 10 PS, entwickelt wurde. Der erste Aero 10 verließ am 07. Mai 1929
die Werkstore der Firma Aero.

 

Ab 1931 fertigte Aero, nach Vorbild des kleinen DKW, einen Zweitakt-Zweizylindermotor mit 662 ccm der 18 PS leistete - daher auch die Bezeichnung Aero 662 (A 18) und baute diesen in eine verbesserte Karosserievariante des Aero 500 ein.

 

1933 folgte ein neuer Zweizylindermotor mit 998 ccm, der ca. 29 PS leistete. Dieses Aggregat wurde in den Aero 1000 (A 20) montiert.

 

Herausragend waren zu jener Zeit die sportlichen Erfolge dieser Fahrzeuge. Insbesondere die Leistungen des Werkfahrers Bohumil Turek trugen zur Popularität der Marke Aero bei. So legte Turek 1929 die Strecke Prag-Brest-Prag-Hamburg-Prag mit 4.913 km in 184 Stunden und 35 Minuten mit einem Aero 10 zurück und wurde Gesamtsieger. Diese damals außergewöhnliche Leistung vollbrachte er ohne jegliche Pannen in einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 26,6 km/h. 1934 errang Turek bei der 13. Rallye Monte Carlo mit einem Aero 1000 den 3. Platz in der Klasse bis 1.500 ccm - nach so bekannten Marken wie Triumph und Riley.

 

Die kleinen Zweizylindermodelle mit Hinterradantrieb wurden bis 1934 produziert. Ab 1934 wurde eine neue, größere Modellreihe mit Frontantrieb, bestückt mit einem 998 ccm-Zweizylindermotor mit 30 PS, der Aero 30 (A 30) in Serie produziert.

 

Als letztes serienmäßig gefertigtes Aero-Fahrzeug wurde 1936 der Aero 50 (A 50) vorgestellt. Es war ein naher Verwandter des Aero 30, denn man hatte in den um 150 mm verlängerten Motorraum den doppelten Motor des Aero 30 eingebaut. Der neue Vierzylindermotor mit 1997 ccm Hubraum leistete rund 50 PS bei 3500 U/min.

 

 

Leider wurde die Firma Aero nach dem Zweiten Weltkrieg von den kommunistischen Machthabern zerschlagen. 1946 wurde der  Firmeninhaber Dr. Kabes enteignet und musste als so genannter Kapitalist das Land verlassen. Im Zuge der Einführung der Planwirtschaft wurde die tschechische Industrie neu geordnet. Dies führte zur Einstellung des Aero-Automobilbau. Insgesamt wurden rund 13.000 Autos gebaut. Nur der Aero-Flugzeugbau wurde aufrecht erhalten und wird auch heute noch erfolgreich betrieben (Aero-Flugzeugbau siehe www.aero.cz).

 

Interessanter Hinweis:

Aus einer Statistik über die "Verteilung der Kraftfahrzeuge in Europa 1936" geht hervor, dass in der damaligen Tschechoslowakische Republik (ČSR) 77.569 Personenkraftwagen und ca. 50.000 Motorräder existierten. 

Im Vergleich dazu produzierte die Firma Aero bis 1936  4.214 Fahrzeuge mit Heckantrieb und 2.825 Fahrzeuge mit Frontantrieb. Das ist ein Anteil von fast 10% am damaligen Personenwagenbestand. 

In Deutschland fuhren 1936 doppelt soviel Motorräder als Pkw's und gegenüber der CSR gab es 12x mehr Pkw's und 24x mehr Motorräder. 

 

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